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Öffentlicher Verkehr
Gedichte die im Bus entstanden sind



Böse Augen stechen im Bus
Aus schweinernen Köpfen
Forsten durch und abertasten
Mienen und Worte, Grimasse verziehen
Keppeln und stänkern, angriffsbereit
Doch zu erhalten den eigenen Platz

****

Ich sah im Fernsehen
eine schöne Frau
sie war
nicht älter als ich
und spielte Einsamkeit
im Herbst
Verlorenheit
unter all den Menschen
die man nicht kennt
die man nicht kennen will

Ich muss nicht spielen
um Trauer zu empfinden
im Herbst
über die kurzen Tage
die toten Blätter
und die Verlorenheit
um allein
eine nasse Straße zu überqueren
mit gesenktem Kopf
an den Leuten vorbeischauend
die ihrerseits
nicht eines Blicks
mich würdigen

Ich muss die einzelne Tasse
nicht spielen
die ich am Morgen
in die Abwasch stelle
das hohle Geräusch
während draußen der Regen
den Nebel des neuen Tags
durchwäscht
sowenig ich
das eine Glas
spielen muss
aus dem ich Rotwein trank
an einem stillen Abend
in leeren Gedanken
die Wand
anstarrte

Ich muss nicht spielen
dass ich mein Leben
lebe
aber ich bin auch
nicht so schön

****

der weiße pudel
läuft ums eck
und springt beinahe
vor den bus

aus freude

*****

es gibt auch
was ich mag
im regen

die kohlebrannte
rauchne luft
die meine nase kitzelt
und an öfen
denken lässt
und ihre bänke

das jungfräuliche licht
das schüchtern und unverbraucht
durch die wolken sickert
nicht angewiesen ist
auf die heuchlerische pracht
der farben
sondern allem
einen hellen glanz verleiht
ehrlich und selbst
der dinge

das weiche nass
das zögernd
in die lippen rinnt
und salzig mir beweist
dass ich im austausch stehe
mit dem um mich
nicht einzig
durch die leere treibe
nicht ich bin
sondern es

das nimmt mir
eine last
die ich nicht gerne trage
meine person
wird weggeschwemmt
im regen und
ich bleibe
als gegenstand
zurück

****

Das Dackelfaltenmädchen
das schräg mir
gegenübersitzt
und traurig
seine schönen Augen
blitzen lässt
aus dem süßen kleinen
Gesicht
beunruhigt mich

Empfinden etwa auch
perfekte Menschen
Trauer?
Wozu dann noch
das Streben nach
Verbesserung?


****

Ich leg mir eine Sammlung an
von lauter Menschen
Große, dicke, kleine, dünne
die Phantasie kennt keine Grenzen
Jeder hat was anderes
wonach ich ihn sortier
der eine schielt beim Lesen
der nächste ist Portier
der dritte ist gar eine Frau
das finde ich nicht schlecht
ich untersuch sie daher ganz genau
Ihr ist das nicht so recht
doch ich muss schließlich sichergehen
dass alles stimmt und passt
denn würd´ ich etwas übersehen
wär alles für die Katz´
Drum prüfe ich und messe ich
und schreibe in mein Buch
jedes Detail auch noch so klein
falls ich es einmal such